Časopis ARS 38 (2005) 2

Mária PÖTZL-MALÍKOVÁ

Ku vzniku prvého morového stĺpa v Banskej Štiavnici a jeho významu v cirkevnom živote mesta
[Zur Entstehung der ersten Pestsäule in Banská Štiavnica/Schemnitz und ihrer Bedeutung im Kirchenleben der Stadt]
[About the Origination of the First Plague Column in Banská Štiavnica/Schemnitz and Its Importance in the Church Life of the City]

(Resumé)

Die verhältnismäßig große Anzahl und die Qualität von erhaltenen barocken Pestsäulen in Mitteleuropa, den sog. Dreifaltigkeitssäulen, rief bisher eine verhältnismäßig rege Aufmerksamkeit der Kunsthistoriker hervor. Die Publikationen, die über diese öffentlichen architektonisch-plastischen Anlagen bis heute erschienen sind, befassen sich aber vor allem mit ihrer künstlerischen Wertung. Nur in Ausnahmefällen, und das meist unzureichend, wird hier auch über die Umstände ihrer Errichtung und über ihren ursprünglichen Stellenwert im Leben der Gemeinde nachgeforscht.

In der Slowakei konzentrierte sich das bisherige Interesse vor allem auf zwei, noch heute in situ stehende Pestdenkmäler: in Banská Štiavnica/Schemnitz und in Kremnica/Kremnitz. Sie entstanden erst in der 2. Hälfte des 18. Jahrhunderts, also etwa ein halbes Jahrhundert nach dem eigentlichen Auslöser ihrer Errichtung, der Pest in den Jahren 1710 – 1711 und daher schienen sie nur mehr als prestigewirksame städtische Erinnerungsmale errichtet worden zu sein. Tatsächlich war der Grund ihrer Entstehung aber ein ex voto aus der Zeit der verheerenden Seuche, dem sich die Gemeinde weiterhin verpflichtet fühlte. An ihrer heutigen Stelle standen schon bald nach dem Ende der Pest die ersten Votivdenkmäler und die neuerrichteten haben diese, wohl wegen deren Baufälligkeit oder Bedeutungslosigkeit nur ersetzt.

Während die erste simple Pestsäule aus Kremnica in die nahegelegene Ortschaft Horná Ves übertragen wurde, wo sie bis heute steht, hat sich jene aus Štiavnica nicht erhalten. Geblieben sind aber mehrere wichtige Archivdokumente zu ihrer Entstehung: der Text des vor dem Hochaltar der Pfarrkirche feierlich vorgetragenen Gelübdes am 14. September 1710 und knappe Aufzeichnungen über den Bau. Zur ihrer Errichtung haben sich außer der Gemeinde noch das Berggericht und das Kammergrafenamt verpflichtet, alle drei Institutionen waren auch – im Sinne des ex voto – die Bauherren der späteren, zweiten Säule. Die in der Literatur oft vorgetragene Meinung, die Auftraggeber dieser, und auch der zweiten Säule seien die ortsansässigen Jesuiten gewesen, stimmt also nicht. Eine solche Aufgabe gehörte nicht in ihre Kompetenz. Es ist aber anzunehmen, daß die Jesuitenpatres, die auch die Pfarre in Štiavnica verwaltet haben, bei der Errichtung dieses Denkmals ziemlich engagiert waren, und sogar denkbar, daß sie auch die eigentlichen geistigen Urheber dieses Projektes waren. Ihr eigenes Votivdenkmal war aber ein Fresko auf der Fassade ihrer Residenz, auf dem der Hl. Franziskus Xaverius, einer der Pestpatrone dargestellt wurde.

Mit dem Bau der Pestsäule begann man sofort nach dem Abklingen der Seuche. Schon im Mai 1711 trafen sich die Repräsentanten der Auftraggeber mit dem Stadtpfarrer, dem Superior P. Adam Kirchmayer S. J. und begutachteten die Stelle am Platz hinter dem Rathaus, die der Bergingenieur und architectus Kornelius Höll ausgewählt hatte. An einem provisorischen Altar, den man neben den ausgegrabenen Fundamenten errichtet hatte, zelebrierte der Stadtpfarrer noch in demselben Monat, am Fest der Hl. Dreifaltigkeit, die erste Messe, nachdem er zu ihm eine Prozession geführt hatte. Diese Prozessionen wiederholten sich alljährlich an demselben Tag, auch als die Säule im Laufe der Jahre 1717 – 1719 fertiggestellt worden war.

In den erhaltenen Archivalien fehlt leider jeder Hinweis sowohl auf den Entwerfer und die ausführenden Künstler, als auch auf die Gesamtgestaltung des Votivdenkmals und seine Ikonographie. Lediglich auf einer anonymen schematischen Zeichnung der Stadt die etwa in den 50er Jahren des 18. Jahrhunderts entstanden ist, sieht man an der Stelle der heutigen Pestsäule eine winzige Silhouette einer anderen Säule, die man mit diesem ersten Votivdenkmal identifizieren kann. Wir können danach annehmen, daß dieses Werk eine ziemlich große plastische Dreifaltigkeitsgruppe gekrönt hat, die von einem schmaleren Teil (Säule, Pyramide?) getragen wurde. Im unteren Teil wurde diese mittlere Stütze von mehreren Figuren der Pestpatrone umgeben. Eine solche Komposition war gerade zu jener Zeit sehr verbreitet. Denkmale dieser Art findet man vor allem in Österreich (in der Umgebung von Wien befinden sich solche Säulen z. B. in Mödling, Klosterneuburg, Perchtoldsdorf, St. Pölten), aber auch auf dem Gebiet der Slowakei finden sich bis heute mehrere Pestdenkmäler aus dem Anfang des 18. Jahrhunderts, die diesem Typus entsprechen (in Trnava, Komárno, Prievidza). Die erste Pestsäule in Banská Štiavnica war demnach keine einfache Säule, wie es meist in der Literatur behauptet wird, sondern ein anspruchsvolles Gebilde, für dessen Errichtung wahrscheinlich Künstler von auswärts herangezogen wurden.

Schon 1718 wurden bei diesem, damals noch im Bau befindlichen Denkmal Litaneien gesungen und das nicht nur am Tag der Hl. Dreifaltigkeit, sondern auch an den Namenstagen einzelner Pestpatrone, deren Statuen hier aufgestellt waren. Nach zeitgenössischen Quellen hatten diese Gesänge einen ziemlich volkstümlichen Charakter und wurden aus der Gemeinschaftskasse der Bergleute bezahlt. Die Litaneien und die erwähnten alljährlichen Prozessionen setzten sich bis tief in das 19. Jahrhundert fort. Das erste, und das bedeutendste öffentliche Monument der Stadt, war daher nicht nur ein stummes Erinnerungsmal an die Schreckenszeit der Pest, sondern ein ständig mahnendes Votivmal, das einen festen Platz im kirchlichen Leben der Stadtgemeinde innehatte.

Im Jahre 1759 begann man an der Stelle dieser Pestsäule, die kurz vorher abgetragen wurde, eine neue zu bauen, deren Konzeption wohl von Baumeister Ignatius Peter Götz stammte und deren Statuen das Werk des Bildhauers Dionysius Stannetti waren. Im Text, der in den Grundstein eingelegt wurde, steht ausdrücklich, daß diese, noch bis heute bestehende Säule, die alte ersetzen soll. Die Intention der Bauherren war es also, vor allem die Kontinuität des einmal ausgesprochenen und ständig gültigen ex voto zu wahren und erst in zweiter Linie ein neues „moderneres“ Denkmal zu schaffen.