Časopis ARS 34 (2001) 2-3

Anton C. GLATZ

Ikonografické a motivické inšpirácie a vzory skulptúr a tabuľových malieb levočského hlavného oltára
[Ikonographische und motivische Inspirationen und Vorbilder der Skulpturen und der Tafelgemälde des Leutschauer Hauptaltars]
[Iconographic and Motivic Inspirations and Models of the Sculptures and Table Paintings of the Levoča High Altar]

(Resumé)

Am 10. September 1997 fand in Levoča (Leutschau) eine Tagung anläßlich des 480. Jahrestages der Fertigstellung des Leutschauer Hauptaltars des Hl. Jakob in der römisch-katholischen Pfarrkirche statt. Die Jahrestagdatierung wurde durch eine von Gebrüder Kotrba während der Restaurierung des Leutschauer Hauptaltars in den Jahren 1952 - 1954 gefundene Inschrift begründet. Die Jahreszahl ist "mit einer weißen Kreide auf der Innenseite des rechten unbeweglichen Flügels der Epistelseite auf einer nur vor der Schließung der Konstruktion zugänglichen Stelle" geschrieben.

Aufgrund einer Inschrift auf dem Sandsteinepitaph von Martin Urbanowitz aus dem Jahre 1621 wissen wir, daß der Autor des Leutschauer Hauptaltars Meister Paul von Leutschau - "Dominus Paulus sculptor" - war, den Archivquellen auch als "Paul Schnitzer" bekannt. Eine Stelle in Hains Leutschauer Chronik sagt: "Anno 1508. Hat mann dasz grosze Altar zu Leutsch mit der Tafel zugedeckt". Es mußte sich also um einen sehr bedeutenden und außergewöhnlichen Ereigniß handeln, wenn man sie für die Zukunft notierte. Der Altar mußte bereits auch plastische Dekoration beinhalten. Die Wahrhaftigkeit dieser Nachricht bestätigt der Text aus Spervogels Chronik über abschließenden Arbeiten am Altar, in dem man u.a. ließt, daß im Jahre 1522 Melchior Messingsloer alias Polierer gestorben ist, der zehn Jahre als Kirchenverwalter tätig gewesen war, "der vieles gebaut und eine große Tafel am Altar des heiligen Jakob, die zuvor lange Zeit nur im Holz gestanden ist, vergolden ließ, malte und fertig machte, so wie sie heute auch steht". Die Nachricht bestätigt die Glaubwürdigkeit der chronikalischen Notiz darüber, daß der Altar 1508 entstanden und lange Zeit nur im Holz gestanden ist. Wenn wir die kurze lateinische Notiz in heutige Sprache übersetzen, erfahren wir, daß die Skulpturen bereits fertig waren, aber der Altar noch nicht gemalt, polychromiert oder vergoldet wurde. Die abschließenden, d.h. Mal-, Staffierungs- und Vergoldungsarbeiten haben sich gezogen. Ähnlich, wie bei anderen größeren Altären brauchte man mehr Geld für die Bemalung, aber noch mehr für die Vergoldung. Diese Arbeiten waren bei den größeren Altären häufig viel teuerer, als die eigentliche Schnitzarbeit. Da das Geld für die Fertigstellung von den Auftraggebern erst später gewonnen wurde, wurden die Arbeiten in zwei zeitlich unterschiedliche Etappen gegliedert. Als ein Beispiel für viele andere können wir den bekannten Altar von Tilman Riemenschneider in Münnerstadt nennen.

Im Rahmen der letzten Phase der Arbeiten am Leutschauer Altar entstanden laut der bisherigen Literatur auch die Tafelgemälde mit Passionsszenen.

Der Beitrag versuchte, die bisherige Kenntnisse über den Altar zusammenzubringen und die in der Literatur publizierten Feststellungen zu überprüfen. Sie werden durch eine neuere Analyse und weitere Vergleiche mit graphischen Vorlagen und bildhauerischen Werken ergänzt. Die Übernahmen von Motiven, Kompositionen und ikonographischen Schemen können zu einer besseren Datierung vor allem dann beitragen, wenn sie von Werken kamen, die Meister Paul selbst gesehen haben mag. Nicht zu vernachlässigen ist auch die Wahl der Vorlagen, die für den Bildungshorizont des Auftraggebers und der Autoren bezeichnend ist.

Zahlreiche Muster aus der rheinländischen und Nürnberger Graphik stehen im vollen Einklang damit, daß Meister Paul diese Gebiete sowie die bildhauerische Produktion am Oberrhein und in Franken kannte. Darüber hinaus ist festzustellen, daß er teilweise im Kontakt mit der schwabischen Bildschnitzerei stand. Die Skulpturenkompositionen des Leutschauer Hauptaltars schöpfen vor allem von solchen graphischen Werken und Inspirationen, wie Meister ES, Martin Schongauer, Israhel von Meckenem, Straßburger Graphik und die Graphik aus der Werkstatt von Wolgemut in Nürnberg, Graphik des Albrecht Dürers, Hans Schäufelein und in einem einzigen Fall auch modifizierte man einen Stichs von Veit Stoß. Unter den graphischen Vorlagen der Skulpturen finden wir keine Blätter jünger als 1507. Auch die Analogien und Inspirationen, die aus den plastischen Werken stammen, sind nicht jünger als 1506/7, wann die Skulpturen des Schwabacher Altars entstanden sind, der im Jahre 1508 nach der Fertigstellung der Polychromie geweiht wurde. Aus dem Vergleich des Werkes von Meister Paul mit den Werken von anderen Bildschnitzern wird klar, daß die Datierung der Leutschauer Skulpturen ins Jahr 1508, die man in Hains Chronik findet, der Wirklichkeit entspricht. Für die Entstehung des plastischen Teiles des leutschauer Altars mitsamt Reliefs und geschnitzter Ornamente vor dem Jahre 1508 spricht u.a. auch die Tatsache, daß am Altar kein einziger Dekorativelement im Renaissancestil zu finden ist, nicht einmal eine Andeutung davon. Eine derartige Dekoration erscheint hier erst in der Rahmung der Tafelgemälde, die erst in der zweiten Etappe der Arbeiten am Altar entstanden sind.

Die Analyse der graphischen Vorlagen und Inspirationen für die Tafelgemälde des Leutschauer Hauptaltars nennt die Blätter von Hans Schäufelein, Albrecht Dürer, Urs Graf, aber auch von Lucas Cranach dem Älteren. Die jüngsten der Vorlagen stammen aus dem Jahre 1511, bzw. aus der Zeit um 1513. Die Tafeln waren also erst nach diesem Jahr fertiggestellt. Um 1515 dürften sie bereits fertig gewesen sein. Es folgte ihr Aufhängen auf die Flügel und kleine Änderungen der Polychromie im Rahmen des Ganzen.

Zwischen den Werken von Meister Paul und den Tafelgemälden des Leutschauer Hauptaltars gibt es deutliche Verschiebung in einzelnen Bedeutungen sowie in der Gesamtanschauung. Der Bildschnitzer wurde im Gebiet von Oberrhein, Schwaben und Franken belehrt. Wenn es zum Malen der Tafeln kam, war ein anderes geographisches Gebiet für die Zipser kulturtragende Schicht aktuell. Die nach dem Jahre 1508 entstandenen Gemälde spiegeln ganz bewußt die neue wirtschaftliche und kulturelle Orientation Mitteleuropas auf Sachsen wider. Leutschau hatte sie früh wahrgenommen und reagierte ganz unmittelbar.

Übersetzt von Ivan Gerát