Časopis ARS 27 (1994) 1

Dušan BURAN

Príspevok k charakteru nástennej maľby na prelome 14. a 15. storočia na Slovensku. Nástenné maľby v Ponikách
[Der Beitrag zu den Charakter der Wandmalereien an der Wende des 14. und 15. Jahrhundert in der Slowakei. Mittelalterliche Wandmalereien in Poniky (Mittelslowakei)]
[A Contribution to the Characteristics of Wall Paintings at the Turn of the 14th and 15 Centuries in Slovakia. Medieval Wall Paintings in Poniky (Central Slovakia)]

(Resumé)

In der vorliegenden Abhandlung versuche ich die Stilzusammenhänge der Wandmalereien der St. Franziskuskirche in Poniky im Kontext der mitteleuropäischen Malerei des 14. und 15. Jh. eingehend zu betrachten. In ihrem heutigen Zustand stellen diese Fresken ein reiches ikonographisches Programm dar, auf Grund dessen ich mich auch mit den möglichen Motivationen der Auftraggeber befasse. Die Kirche des Hl. Franziskus Seraphicus entstand zu Beginn des 14. Jh. im Rahmen einer breiteren Bauaktivität im Gau Zvolen (Altsohl), die der comes Magister Ritter Donch initiiert hatte. Ähnliche Kirchen wurden in derselben Zeit auch in Čerín, Horná Mičiná und in Zolná gestiftet. Die Stiftsurkunde unserer Kirche sprach aber von "... Capellam in honorem beati Johanni Evangelistae...", was bedeutet, dass sie ihr heutiges franziskanisches Patrozinium später erhalten hatte, worüber wir aber bis jetzt keine Dokumente kennen. Die Wandmalereien aus verschiedenen Zeitabschnitten sind an allen Presbyteriumswänden, an der Ostwand der Sakristei, an den inneren Wänden des Triumphbogens, an der Ost- und Nordwand des Schiffes und auch an der Ost- und Nordwand der angebauten Kapelle (1478) erhalten geblieben. In ihrem heutigen Umfang wurden die Fresken erst bei der letzten Restaurierung entdeckt, die im Jahre 1992 abgeschlossen wurde und das ist zugleich auch der Grund dafür, warum sie die kunstgeschichtliche Literatur bis jetzt nicht ausreichend gewürdigt hat.

Aus dem 14. Jh. blieben im Interieur der Kirche Fragmente eines Bildes erhalten, in denen man Teile einer ursprünglich qualitätvollen und reich ausgestatten Geburtszene erkennen kann. Fraglich ist aber, um wessen Geburt es eigentlich geht. Meiner Meinung nach handelt es sich um die Geburt Johannes des Täufers, was das Fragment der Kleidung der bei dem Bett stehenden Figur beweist, in dem der Teil eines Hermelin-Mantelsaums sichtbar ist. Eher als mit dem Hl. Joseph haben wir es hier also mit Zacharias zu tun.

Auf die Tatsache, dass dieses Bild in seiner formalen Struktur den Malereien in der nahen Kirche in Čerín ähnlich ist, hat schon Katarína Biathová aufmerksam gemacht. Die Szene der Geburt Christi von der südlichen Presbyteriumswand in Čerín, die am Ende des zweiten Weltkriegs zerstört wurde, war vielleicht nach einer ähnlichen Kompositionsvorlage mit der Muttergottes im Wochenbett geschaffen worden. Die Ähnlichkeit der Gesichtszüge der Hl. Elisabeth(?) aus Poniky mit den Gesichtern einiger Figuren in Čerín ist so nah, dass wir hier wirklich von demselben Maler sprechen können. Das gleiche gilt auch für das Kolorit beider Malereien. Zu dieser Gruppe gehören auch die Fresken der Hl. Martinskirche in Necpaly, was in der Literatur bereits überzeugend bewiesen wurde. Dass wir auf unserem Fragment keine solchen expressiven Züge finden, wie sie für die Malereien in Čerín und Necpaly charakteristisch sind, ist nur durch den Unterschied im ikonographischen Motiv zu begründen, denn auch zwischen der Geburt Christi und dem Jüngsten Gericht des Presbyteriums in Čerín ist derselbe Unterschied zu beobachten. Andererseits trifft man weder in Necpaly, noch in Čerín so anspruchsvoll bearbeitete Draperien, wie es das transparente Kopftuch der Hl. Elisabeth(?) und die Bettdecke in Poniky sind. Wenn es überhaupt möglich ist, aufgrund eines solchen Restes irgendeinen Schluss zu ziehen, scheint die Entwicklungsreihe in der Folge Poniky - Čerín - Necpaly zu gehen.

Obwohl diese Gruppe im Kontext der italienisch orientierten Wandmalerei in der Slowakei eine der bedeutendsten Stellen einnimmt, sind sowohl die Stilquellen, als auch die Datierung (Dvořáková, Krása, Stejskal – 1410 - 1420, Prokopp - Anfang des 15. Jh., Togner – 1350 - 1360 Čerín, 1380 - 1390 Necpaly) in der Fachliteratur bis heute ein Gegenstand der Polemik. Vlasta Dvořáková verließ aber in der erwähnten Kollektivarbeit ihre ältere Meinung, die sie in einer Abhandlung aus dem J. 1965 geäußert hatte und in der sie neapolitanische Stilzusammenhänge dieser Malereien in Betracht gezogen hatte. Und es scheint die neapolitanische Buchmalerei zu sein, die nicht nur wegen ihres synkretischen Charakters die am nächsten stehenden Analogien aus der Trecentomalerei anbietet. Viele formale Ähnlicheiten, die man besonders in Siena (Duccio), oder im breiteren Kreise der toskanischen Malerei (Bartolo di Fredi, Niccolo di Tommaso, Niccolo Gerini), aber auch in der Trecentomalerei in der Romagna und im Friaul finden kann, lassen sich - oft auch früher - direkt in Neapel nachweißen.

Es handelt sich hier um eine Gruppe von Handschriften, die in Neapel um und nach der Mitte des 14. Jh. entstanden und mit der Werkstatt Cristophoro Oriminas verknüpft sind: die Hamilton Bibel in Berlin, das Stundenbuch der Königin Johanna I. aus Neapel in Wien, die Mecheln Bibel und die Bibel cod. 1191 in Wien, um nur die bedeutendsten zu nennen. Die Übereinstimmungen mit unseren Malereien kann man außer in den einzelnen Gesichts- und Gewanddetails, im Aufbau der mehrfiguralen Kompositionen und des Steinterrains und auch in der Architekturfassung sehen.

Die Situation ist komplizierter, was die Beziehung zu drei Exemplaren von Convenevole da Pratos Lobgedicht an König Robert von Anjou anbelangt, die heute in London, Florenz und Wien aufbewahrt sind. Das Problem besteht darin, dass die neapolitanische Herkunft jener Handschriften strittig ist. Allerdings lassen sich in diesen Schriften starke Stilzusammenhänge mit der neapolitanischen Trecentomalerei nicht abstreiten. Der Einfluss auf unsere Fresken berührt die Typologie der Figuren und Gesten. Diese wurden aber aus einzeln komponierten Figuren an ähnlichen Vorlagen in räumlich mehr entwickelten Wandmalereien transponiert.

Eine fast "graphische" Fassung der neapolitanischen Miniaturen ist im Stilcharakter der Malereien unserer Gruppe deutlich erkennbar. Was aber völlig abweichend ist, ist intensive Farbigkeit der illuminierten Handschriften, die in der mitteleuropäischen Wandmalerei kaum zu finden ist.

Das Jüngste Gericht im Presbyterium Čeríns (auch hier können wir heute nur den Rest des ursprünglich umfangreicheren Bildes behandeln) könnte auch inhaltlich durch neapolitanische Miniaturen beeinflusst worden sein. In Neapel gehörten die apokalyptischen Themen zu den höchst beliebten, was auch die erwähnten Miniaturen der Hamilton Bibel, oder die Täfelchen aus Stuttgart beweisen, beide am Anjouhof Neapels entstandene Werke, die auch bei anderen Bildern nördlich der Alpen als Vorlagen in Betracht kommen.

Unter den Voraussetzungen der Rezeption der neapolitanischen Trecentomalerei steht an erster Stelle zweifellos die neapolitanische Herkunft der ungarischen Könige, die potentiell auf die damalige Kunst einwirken konnten. Die Beziehungen unter den Anjou-Königen waren oft sehr angespannt, was sogar dazu führte, dass der ungarische König Ludwig der Große Feldzüge gegen seine Verwandten unternahm und danach für kurze Zeit im J. 1348 auch König von Neapel wurde. Die Handschriften, die er nach seinem Weggang aus Neapel nach Buda mitgebracht hatte, könnten die künstlerische Produktion des Hofes Anjou in Ungarn beeinflusst haben. Als Beispiel des ungarischen Ursprungs sei die bekannte und wertvolle Ungarische Bilderchronik erwähnt, die aber mit unseren Malereien direkt kaum etwas zu tun hat. Wenn wir bedenken, dass sowohl Čerín, als auch Poniky auf dem Weg zwischen beiden königlichen Burgen Zvolen und Ľupča standen, was bereits in der Stiftungsurkunde der Kirche von Poniky verzeichnet ist, erscheint die Gruppe der kleinen Kirchen des Gaus Zvolen in neuem Licht - in möglicher Beziehung zum Hof. Wollte man andererseits die Interpretation in dieser Richtung fortsetzen, käme es vielleicht zu einem Irrtum, weil die Stiftung der Malereien in Čerín wahrscheinlich durch die Bürgerschaft motiviert wurde, wie die Figur des Bürgers (?) auf dem Bild des Jüngsten Gerichts beweist. Diese Tatsache widerspricht der Hypothese, die Stiftung als eine Initiative des Hofes anzusehen (Vgl. weiter die ikonographische Betrachtung u. den Exkurs).

Das zweite Bild aus dem 14. Jh. ist die Szene des Kampfes des Hl. Georg mit dem Drachen, die sich auch an der nördlichen Wand des Schiffes befindet, aber einer anderen, mehr regionalen Stilauffassung entspricht. Die Tatsache selbst, dass dieses Bild im Interieur - was den Stil betrifft - einmalig ist, ist zugleich auch ein passendes Beispiel für die "Ersatzfunktion" der Wandmalerei anstatt der Tafelmalerei, die in der Slowakei im 14. Jh. zwar von einzelnen Auftraggebern gewünscht, aber formal noch nicht verbreitet war. Zur gesamten Ausmalung der Kirche kam es im J. 1415 - dieses Datum enthält die Inschrift über dem Bild mit der Schutzmantelmaria und der Hl. Dorothea an der Ostwand des Schiffs. Dazu gehören alle Bilder des Presbyteriums - am Gewölbe die Deesis, die Symbole der vier Evangelisten und zwei Engel, an den Wänden die Verkündigung, Vier Kirchenväter, eine Reihe von Aposteln und Heiligen, der Passionszyklus und darunter ein Lambrequin; der illusionistische Retabel in der Sakristei mit Kosmas und Damian auf den "Flügeln" und die Kreuzigung auf der "Predella"; die Bilder der Ostwand des Schiffes - Beweinung Christi, Noli me tangere, Zwei Engel mit Veraikon, Interzession mit dem Streit um die Seele, Lebendes Kreuz, Volto Santo, ein Votivbild mit zwei Ehepaaren (?) und das schon erwähnte Bild mit der Schutzmantelmaria und Hl. Dorothea; die Anbetung der Drei Könige an der Nordwand des Schiffes und schließlich die Madonna auf der Tympanonfläche des Südportals.

Der Stilcharakter dieser Bilder lässt sich nicht nur mit zeitlichen Analogien aus der Wandmalerei, sondern vor allem im Hinblick auf die Entwicklung der Tafel- und Buchmalerei erklären.

Aus derselben Zeit wie die Fresken stammen auch zwei der ältesten Tafelbilder aus der Slowakei. Es handelt sich um die Tafel mit dem Propheten Jeremias (im Mittelslowakischen Museum in Banská Bystrica) und um die zweite, ähnliche (im Pfarrhaus in Poniky), auf der König David dargestellt ist. Beide gehörten zum ursprünglichen Hochaltar der Kirche von Poniky. Obwohl auf diesen Tafeln präzisere Details als auf den Wandgemälden zu sehen sind, ist der starke Zusammenhang zwischen beiden Gattungen deutlich - sogar bis zur Möglichkeit, dass die Werke aus derselben Werkstatt stammen. Sowohl die Tafel-, als auch die Wandmalereien haben ihre Analogien in der böhmischen Tafelmalerei um 1400. Es ist vor allem die gleiche Bestrebung, durch die isolierten Figuren mit den faltenreichen Gewändern die neutrale Fläche zu teilen, die wir am Jeřeň-Epitaph das erste Mal beobachten können. Diese Ostwand-Figuren folgen aber auch späteren böhmischen Malereien (Marientodretabel aus Roudnice). Der Zusammenhang mit dem Altar aus Rajhrad, der durch die Kunst des Meisters des Altars aus Hronský Beňadik (datiert 1427) vermittelt sein könnte, worauf die Prager Mediävisten hingewiesen haben, scheint aus heutiger Sicht eine Überschätzung zu sein. Der narrativ - dramatische Charakter beider Werke, mit der Neigung das Bild auch zeiträumlich näher zu definieren steht unseren Wandmalereien zu fern, um sie für ihre Entstehung für wesentlich zu halten. Mehrere Beziehungen können wir aber zu den illuminierten Handschriften nach 1400 erkennen. Die Wandmalereien von Poniky wurden vor allem mit den konservativen (also nicht französisch inspirierten) Strömungen der böhmischen Buchmalerei verknüpft, wie z. B. mit den Miniaturen des Hasenburg Missales in Wien, Bellifortis in Göttingen, aber auch mit den Miniaturen des Krumauer Sammelbandes in Prag und mit dem Speculum des Germanischen Nationalmuseums in Nürnberg, die eine jüngere Schicht darstellen. Die Stilprobleme unserer Malereien lassen sich aber kaum nur auf das bloße chronologische Schema reduzieren. Man kann darin nämlich den konservativen und eklektischen Charakter des mitteleuropäischen internationalen Stils nach 1400 beobachten, der aber nicht so sehr für das Zentrum - also Böhmen, sondern mehr für seine Randregionen kennzeichnend ist. Wir finden in Poniky einerseits die Formen des aktuellen Stilkanons zu Beginn des 15. Jh., aber auch schon die Tendenz zu ihrer Rustikalisation, die die Handschriften nach 1410 deutlich manifestieren.

Der Passionszyklus im Presbyterium ist in dieser Malschicht der einzige, den man als "narrativ" bezeichnen kann. Auf allen anderen Bildern ist "historia" weitgehend unterdrückt und "imago" tritt, obwohl nicht absolut, aber deutlich hervor. Außerdem kann man auch andere Unterschiede zwischen den Wandbildern sehen. Vor allem muss man an das gegenüber den anderen abweichende Aussehen der semantisch übergeordneten Gestalten der Ostwand denken (Maria, Ecclesia, Hl. Johannes), oder an die Unterschiede zwischen den Figuren auf dem illusionistischen Retabel in der Sakristei im Vergleich zu denen im Passionszyklus und den Gestalten der Kirchenväter auf dem Gewölbe. Ähnliche Kontraste sind auf mehreren Denkmälern des späten schönen Stils zu sehen und hängen mit der Dynamik des Kunstprozesses selbst zusammen: Die Zeit der Entstehung der Fresken von Poniky ist die Zeit, in der sich der Schöne Stil in verschiedenen Wellen von Böhmen aus in andere Gebiete Mitteleuropas verbreitet hat. Die Abhängigkeit von Miniaturen bzw. Zeichnungen der Musterbücher gehört zu den üblichen Zügen der Wandmalerei um 1400. Trotzdem man das gleiche auch in der vorangehenden Periode beobachten kann, liegt der Unterschied darin, dass jetzt als Vorlagen Handschriften und Zeichnungen aus unterschiedlichen Stilstufen dienen, infolge dessen wir nur selten immanente Richtungen der an Böhmen orientierten Wandmalerei finden könnten. Es kam oft sogar dazu, dass zugleich solche Muster verwendet wurden, die einerseits - angesichts des "Zentrums" - schon anachronistisch waren, andererseits gerade erst aktuell wurden. In Österreich, Schlesien und in den Gebieten Süddeutschlands entstanden außerdem kurz nach 1410 (in Wien schon früher) die lokalen Malerschulen, die sich immer mehr aus der Tradition der Wenzelswerkstatt befreit hatten. Die Diaspora der durch die Hussiten vertriebenen Künstler ist nur einer von mehreren Faktoren, die auf die Entwicklung der Malerei Mitteleuropas nach 1400 eingewirkt haben.

Die Antwort auf die komplizierte Frage des künstlerischen Austausches nach 1400 hat aber auch einen anderen Aspekt, der die Beziehung der Wandmalerei zu anderen Malermedien betrifft. Obwohl man sich dessen bewusst sein muss, dass vom ursprünglichen Bestand viele Denkmäler verloren gegangen sind, lassen sich aufgrund des Beispieles unserer Fresken auch allgemeinere Schlussfolgerungen ziehen. Sie haben nämlich - trotz ihrer Qualität - keinen direkten Nachfolger. Die Wandgemälde in Ludrová (Gebiet von Liptov), die als solche bis heute betrachtet worden sind, sind jedoch wegen ihrer Form und Ikonographie, aber vor allem auch wegen des Absinkens der Qualität, als Arbeiten einer anderen, obwohl ähnlich orientierten Werkstatt zu betrachten. Es ist hier nötig, einen mindestens 10-jährigen Abstand vorauszusetzen, weil während in Poniky der Wille zur Respektierung der idealisierten und repräsentativen Aspekte des Bildes dominiert, wird im Gegensatz dazu in Ludrová der Akzent auf das Narrative des umfangreichen christologischen Zyklus gelegt. Josef Krása versuchte die Gemälde von Ludrová mit einer in der Umgebung von Bruck an der Mur tätigen Werkstatt - meiner Meinung nach grundlos - in Verbindung zu bringen. Auch besteht kein Zusammenhang zwischen Bruck und Poniky, obwohl allgemeine gemeinsame Merkmale existieren. Der Versuch, andere Beispiele, entweder aus der Slowakei, oder Österreich (wo die meisten Entsprechungen zu existieren scheinen) in Beziehung zu den Wandmalereien von Poniky zu bringen, führt nur zu der Feststellung, dass die Situation in diesem Bereich der Malerei zu differenziert war, um solche feste Verbindungen zu konstruieren. Mindestens für die Slowakei gilt, dass in der Wandmalerei keine homogene Strömung des internationalen Stils existierte und früher, als sich eine solche hätte entwickeln können, ging der Schwerpunkt auf die Tafelmalerei über, die sich in den slowakischen Städten gleich nach dem Anfang des 15. Jh. entfaltet hatte, die Anregungen aus verschiedenen mitteleuropäischen Malerkreisen aufzunehmen begann. Im Kontrast zu italienisch orientierten Arbeiten (wobei man von mehreren immanenten Strömungen sprechen kann) sind in der Wandmalerei zwischen 1390 bis ca. 1430 auch in anderen Ländern Mitteleuropas nur isolierte Werke, höchstens kleine Gruppen anzutreffen.

In seiner Ikonographie knüpft das Presbyterium an die Überlieferung der romanischen Apsis-Wandmalereien und heimische Programme des 14. Jh. an. Es wurde schon damals zur verbreiteten Konvention, die Deesis zusammen mit den Symbolen der vier Evangelisten auf den Gewölben darzustellen, häufig auch von analogen Gestalten der Kirchenväter begleitet. Die Reihe der Apostel und Heiligen ist in Presbyterien auch schon vor dem 14. Jh. zu finden. Im Gefolge dieses Konservativismus fanden die ungewöhnlicheren Motive ihren Platz außerhalb des Presbyteriums. Wie schon gesagt, hat die Szene der Interzession an der Ostwand ihre literarische Formulierung im Text des XXXIX. Kapitels der typologischen Handschrift Speculum humanae salvationis. Wir sollten aber eine Abhandlung von Éva Szmodisné-Eszláry über diese Szene durch ein paar Bemerkungen ergänzen, vor allem, dass der organische Bestandteil der Interzession das Bild des Streits um die Seele ist und die Gesamtdarstellung eine der Varianten des in der Malerei bekannten ikonographischen Typus der kombinierten Interzession beim Sterben darstellt. Auf unserem Bild ist der Fürbitter einerseits ein Engel, der gleichzeitig mit dem Teufel um die Seele streitet, andererseits Christus, der vor Gottvater durch das Zeigen seine Wunden zugunsten des Verstorbenes argumentiert, ferner Maria, die auf ihre Mutterverdienste durch die Entblößung ihrer Brüste hinweist und schließlich der Hl. Johannes. Obwohl es sich im Falle des Dialogs zwischen Maria und Christus auf einer Seite und Gottvater auf der anderen, der durch die Spruchbänder vermittelt wird, um gleichsam direkte Zitate des erwähnten Speculum-Textes handelt, erscheint mir jedoch, dass die Ikonographie der Szene durch die Literatur typologischer Art nur allgemein beeinflusst wurde. Der Topos verbreitete sich auch mittels anderer Handschriften und deswegen ist es nicht nötig, die direkte Quelle in Miniaturen, oder sogar im Text des Speculums zu suchen. In seinem XXXIX. Kapitel sind Protagonisten der Fürbitte vor Gottvater nur Christus und die Muttergottes. Um andere Gestalten hatte sich die Szene in der Kunst und im geistlichen Drama erst am Anfang des 15. Jh. erweitert und auch ihr literarisches Pendant - die Schrift von Johannes Gerson - stammt aus der Wende des 14.und 15. Jh., also gerade aus der Zeit der Entstehung der Fresken, d.h. etwa 80 Jahre nach der Entstehung des Speculum humanae salvationis.

Wichtiger erscheint mir, dass wir diese um weitere Gestalten erweiterte Fassung in den Miniaturen der Handschriften privaten Charakters finden, besonders in Stundenbüchern, wo sie ebenfalls mit dem Motiv des Sterbens verbunden sind. Trotzdem die Wandmalerei als ein öffentliches Medium im Vergleich zu den illuminierten Handschriften eine andere Funktion hatte, ist dieser Unterschied nur scheinbar. Die Buchmalerei erfüllte im 14. Jh. stets vor allem liturgische Zwecke (Bibeln, Missalen, Gradualen), aber in der zweiten Hälfte des Jahrhunderts wurde sie auch zum Gegenstand des Privatbesitzes der Bürgerschichten. Und Wandmalerei bot die Gelegenheit zur Repräsentation, wobei gerade die Handschriften manches Arts vorhanden sein könnten.

Ähnliche Absichten treten auch beim Votivbild hervor, das oberhalb der Datierungsinschrift gemalt wurde. Der private Charakter des Bildes ist hier durch die Darstellung der konkreten Auftraggeber mit dem Gedanken der aktuellen Apokalypse verknüpft. Zwei Männer und zwei Frauen, die zum Rachen des Leviathan treten und in diesen hinein fallen, flehen zur Madonna um die Erlösung.

Die Unterstreichung der Rolle des Auftraggebers berührt nicht nur die Vergegenwärtigung seiner Person, oder die Thematisierung seines Lebensendes auf dem Bild. Es ist die Folge der gesteigerten Bedeutung des Bürgertums. Im Laufe der damit verbundenen kulturellen Entwicklung wandeln sich auch die Ansprüche der mittelalterlichen Menschen an das Bild. Es ist bezeichnend, daß in dieser Kirche gleich zwei von den ältesten Tafelgemälden der Slowakei gefunden wurden. Sie waren noch Bestandteile eines Altars, aber schon ihre Form selbst antizipiert die Möglichkeit der auf den Besitz ausgerichteten Beziehung zum Kunstwerk. Diese auf die Individualität bezogene Haltung wurde in der Wandmalerei bereits im Bild des Hl. Georg sichtbar. In Poniky blieb auch ein " Kompromiss" zwischen den miteinander "konkurrierenden" Bildmedien (der Wand- und der Tafelmalerei) erhalten - die Wandgemälde in der Sakristei. Woher aber kommt jenes Bedürfnis der Repräsentation der Bürger in den Wandmalereien am Anfang des 15. Jh. in einem heutzutage so kleinen Dorf wie Poniky?

Aufgrund mehrerer Urkunden lässt sich ein ziemlich klares Bild der Gesselschaftssituation von Poniky an der Wende des 14.und 15. Jh. gewinnen. Im Jahre 1400 hatte das Städtchen umfassende Privilegien vom comes David aus Zvolen bekommen. In erster Linie ging es hier um die freie Wahl des Richters. Kupfer und Blei, die die Hauptquelle der Stadtprosperität waren, gehörten weiterhin den Herren der Burg von Ľupča. In dieser Burg hatte König Sigismund von Luxemburg im Jahre 1404 die Privilegien nicht nur bestätigt, sondern er hatte sie durch die Rechte der als Vorbild dienenden Stadt Krupina ergänzt, worin auch das Recht der freien Wahl des Priesters enthalten war. Es wäre aber ein Missverständnis, die Ikonographie unserer Fresken für die einfache Folge des Anwachsens des Handels und der Prosperität der Bergwerksunternehmen zu halten.

Trotzdem wir das Malerprogramm des Presbyteriums als konservativ bezeichnet haben, ist die mögliche Erklärung der Bedeutung der Ostwandgemälde gerade hier zu finden. Ich denke an die mit adorierendem Gestus kniende Gestalt des franziskanischen Mönches beim Hl. Hieronymus unter dem Gewölbe des Presbyteriums. Außer dieser direkten Darstellung des Franziskaners und des altüberlieferten Patroziniums - St. Franciscus Seraphinus, das die Kirche wahrscheinlich schon im Mittelalter bekam, ist für uns besonders die Tatsache wichtig, dass in der Umgebung - genauer im schon erwähnten nahen Städtchen Ľupča im 14. und 15. Jh. wirklich ein franziskanisches Kloster gewesen war.

Die Frage der Verbindung von Bürgertum und Bettelorden wurde schon längst zum Thema der mediävistischen Forschung. Hand im Hand mit dem wachsenden Einfluss der Bettelorden wuchs auch die Bedeutung des Bürgertums - des Standes, der auch in anderen mittelslowakischen Bergstädten zur kulturell initiativen Sozialschicht wurde. Die konkreten Beweise einer typisch franziskanischen Ikonographie in der Wandmalerei in der Slowakei sind aber so gering, dass sie kaum als Ausgangspunkt einer breiteren Analyse dienen können. Es handelt sich um zwei Szenen - Stigmatisation und Vogelpredigt - in der heute evangelischen Kirche zu Štítnik, wo sich eine ähnliche Situation wie in Poniky voraussetzen lässt, weil es auch eine prosperierende mittelalterliche Bergstadt war. Die Stigmatisation des Hl. Franziskus in der Kirche von Rákoš (in der Region von Gemer) könnte man in Verbindung mit dem nahen franziskanischen Kloster in Kameňany sehen. Manche Besonderheit der Franziskusgestalt in der Wandmalerei der Slowakei zeugt sozusagen für den "Assimilationswillen" des Ordens zur Kultur nördlich der Alpen, wo in dieser Zeit der Hl. Franziskus keineswegs ein Volksheiliger war, wie in Italien.

Ein anderes Bild, dessen Funktion und Bedeutung in der Kirche von Poniky nicht klar sind, ist die Darstellung des Volto Santo. Es handelt sich um eine Replik des Gnadenkruzifixus aus der toskanischen Stadt Lucca, dass im 14. und 15. Jh. häufig durch Holznachbildungen, aber auch in illuminierten Handschriften verbreitet wurde. Unser Bild weicht von anderen Gemälden im Schiff ziemlich ab, obwohl kein Zweifel bestehen kann, dass es zu der Schicht von 1415 gehört. Der Volto Santo wiederholt vielleicht ein älteres Gemälde, von dem unter dem Rahmen ein nicht mehr lesbares Fragment der Inschrift erhalten blieb. Die Kreuzarme ragen über den Bildrahmen hinaus und durch diese "Vorprojektion" wird das Kruzifix selbst betont. Meiner Meinung nach haben wir es in diesem Fall mit einer Darstellung des Volto Santo zu tun, die auf die Lucchesische Holzfigur hinweist und bei der eine ikonographische Verbindung mit der Gestalt der Hl. Kümmernis oder Willgefortis kaum in Betracht kommt.

Ob die Franziskaner zu diesem Thema irgendeine besondere Beziehung hatten, wissen wir vorläufig nicht. Vielleicht hat hier die einfache Ähnlichkeit des Kolobion Christi mit dem Gewand der Minderbrüder eine Rolle gespielt. Diese Ikonographie wurde in Mitteleuropa aber keineswegs nur auf die Wandmalereien franziskanischer Kirchen beschränkt. In der Slowakei trifft man darauf in der Kirche zu Štítnik. Es handelt sich ja um die gleiche Kirche, in der die erwähnten zwei Szenen aus dem Franziskusleben gemalt wurden, vielleicht in derselben Malerschicht. Die Verbindung zwischen den Malereien von Štítnik und einem heute nicht mehr existierenden franziskanischen Kloster kann man für höchst wahrscheinlich halten, während die mögliche Verbindung zwischen Volto Santo Darstellungen und Franziskanern vorläufig nur eine verführerische Hypothese bleiben muss.

An den Ostwand-Malereien lassen sich gewisse Züge des "ikonographischen Eklektizismus" feststellen. Neben den Bildern, auf denen die neuen Aspekte der direkten Gott - Mensch Beziehung dominieren, finden wir hier auch so traditionelle Darstellungen wie Beweinung Christi, Noli me tangere und Veraikon, und sogar manches ausgesprochen eklesiastiche Thema wie etwa Lebendes Kreuz. Der Widerspruch zwischen Eklesiasmus und Partikularismus manifestierte sich häufig vor allem in der politischen Geschichte des Hoch - und Spätmittelalters, in der Philosophie und Literatur, und wurde letzten Endes auch in der religiösen Bewegung der Franziskaner sichtbar. Obwohl sie ihre Lehre auf die Betonung der Heilsgeschichte und der persönlichen Beziehung zur Gestalt Christi aufgebaut haben, stellte besonders der offizielle, durch das Papsttum unterstützte Zweig des Ordens die Priorität der Kirchenmacht niemals in Frage.

Eine umfassende Abhandlung zur Ikonographie des Lebenden Kreuzes (das sich in Žehra befindet) hat Vlasta Dvořáková publiziert. Ihre Analyse dieses komplizierten Beispiels des typologischen Parallelismus des Alten und Neuen Testaments, personifiziert in den Gestalten von Ecclesia und Synagoge, gilt im Grundsatz auch für unsere, etwas vereinfachte Fassung. Wodurch aber das Lebende Kreuz von Poniky abweicht, ist die Darstellung des Papstes, der bei dem segnenden Arm des Kreuzes kniet. Zur Bedeutung dieses Motivs kann man bemerken, dass in der Zeit der Entstehung des Bildes (1415) die Kirche mit den Problemen des päpstlichen Schismas gekämpft hatte und das Recht auf den Petrus-Stuhl gleichzeitig drei Päpste im Anspruch nahmen. Die kleine Figur ist also in diesem Sinn eher ein Ausdruck der Erwartung einer Lösung dieser Frage, als eine Glosse der aktuellen Verhältnisse.

Dieser Beitrag wird durch einen Exkurs ergänzt, der die ikonographische Forschung zweier Motive betrifft. Im Fall des Jüngsten Gerichts in Čerín weise ich auf die Möglichkeit hin, dass der Ausgangspunkt für verschiedene Formen des privaten Gerichts in der Wandmalerei der Slowakei schon einzelne Gemälde der italienisch orientierten Werkstätten waren und dass ihre Tradition ohne Rücksicht auf die Stilwandlungen in den mittelslowakischen Bergstädten kontinuierlich auch im 15. Jh. fortgesetzt wurde (Votivbild und Interzession von Poniky).

Andererseits könnten die Wurzeln der Darstellung der Einwilligung Mariens in der Mehrzahl der betrachteten mittelalterlichen Kirchen (Čerín, Štítnik, Žehra, Bruck an der Mur) wieder im Zusammenhang mit der Aktivität der Franziskaner gesehen werden. Anscheinend entstand dieser Typ in den Miniaturen der Meditationes vitae Christi am Anfang des 14. Jh. und wurde bald danach durch Giotto in der Arena Kapelle verwendet, worauf Otto Pächt hingewiesen hat. Im Gegensatz zur Entwicklung des vorigen Motivs des Jüngsten Gerichts fand der Consensus Mariae im 15. Jahrhundert in den Wandmalereien von Poniky keinen ähnlichen Wiederhall. Die Erklärung dieser Tatsache kann man vielleicht in der zunehmenden Selbstständigkeit des Bürgertums sehen, das zwar in vielem durch die Bettelorden beeinflusst war, daneben aber (in unserem Falle in den Darstellungen der Ostwand Schiffes) seine eigenen Ziele verfolgte.